Havarierisiko Bugstrahlruder: Zwei tragische Beispiele für fehlerhafte Einbauten

Havarierisiko Bugstrahlruder: Zwei tragische Beispiele für fehlerhafte Einbauten

Die Installation von ausfahrbaren Bugstrahlrudern bedarf höchster Sorgfalt, Präzision und Fachkenntnis. Leider sind diese Qualitäten und Fähigkeiten nicht immer gegeben, wie zwei kürzliche Vorfälle eindrücklich zeigten.

Der Untergang der Jeanneau vor Laboe

Im März dieses Jahres ereignete sich vor Laboe ein tragischer Vorfall. Eine Sun Odyssey 410 aus dem Hause Jeanneau sank innerhalb weniger Minuten. Die Besatzung hatte Glück im Unglück und konnte sich noch rechtzeitig ins Dingi retten, bevor Helfer eintrafen. Die Untersuchung ergab, dass das ausfahrbare Bugstrahlruder den rauen Seebedingungen offenbar nicht standhalten konnte. Die Bugschraube wurde regelrecht in den Rumpf des Schiffes gedrückt, was zu großen Löchern führte, durch die Wasser in das Boot eindrang und es binnen weniger Minuten zum Sinken brachte.

Die Bavaria C 38 vor Cadzand

Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich im Juli vor Cadzand, als eine Bavaria C 38 ebenfalls binnen Minuten auf Grund ging. Auch hier hatte die deutsche Besatzung nur wenige Augenblicke, um sich in Sicherheit zu bringen. Auch hier war ein ausfahrbares Bugstrahlruder beteiligt, das den Bedingungen von 5 bis 6 Beaufort und rund einem bis anderthalb Metern Seegang nicht gewachsen war.

Was war der Grund für die Untergänge?

Die Untersuchungen nach diesen beiden Unglücken ergaben, dass jeweils die Verbindung des Bugstrahlruder­gehäuses mit dem Rumpf die entscheidende Schwachstelle war. Das Brisante dabei: In der Jeanneau war das Bugstrahlruder bereits ab Werk installiert, während bei der Bavaria die Bugschraube nachträglich durch eine lokale Werft eingebaut wurde.

Die Bedeutung des korrekten Einbaus

Doch wie sollte der Einbau eines solchen Bugstrahlers genau durchgeführt werden? Der Bugbereich moderner Yachten zeichnet sich durch sein beträchtliches Volumen aus. Dies führt dazu, dass dort ein erheblicher Auftrieb erzeugt wird. Im Gegensatz zu einem V-förmigen Vorfuß, bei dem der Auftrieb allmählich aufgebaut wird, ist dieser Auftrieb beim Eintauchen in die Welle beim Bug sofort vorhanden. Dadurch entstehen Lastspitzen, die von der Konstruktion des ausfahrbaren Bugstrahlers bewältigt werden müssen.

Die Berechnungen dafür stammen von den Herstellern und wurden bei der Konzeption ebenfalls in Betracht gezogen. Die Schwachstelle des Systems liegt in der Verbindung des Bugstrahlergehäuses mit dem Rumpf. Ein positiver Aspekt dabei ist, dass die kastenförmige Struktur ähnlich wie ein Strongback im Kielbereich eine verstärkende Wirkung hat. Doch auch hier stellt das sogenannte Anlaminat, welches die Struktur mit dem Rumpf verbindet, den kritischen Punkt dar.

Genau an diesem Punkt sind die Einbauanleitungen der Hersteller ein wenig unklar. Immerhin rät Vetus dringend dazu, Epoxidharz zu verwenden und warnt explizit vor dem Gebrauch von Polyesterharzen. Sleipner hingegen legt fest, dass bei Sandwichrümpfen zuerst das Innenlaminat und Kernmaterial im Umkreis von zehn Zentimetern um das Gehäuse entfernt und durch Massivlaminat ersetzt werden sollen, bevor das Anlaminieren erfolgt.

Doch, welche Dimensionen sollen für die Dicke und Breite des Flansches berücksichtigt werden? In einigen Anweisungen heißt es, er soll „ausreichend stark“ sein. Zusätzlich sollte man sich an Konstrukteure oder die Werft wenden. Vetus schlägt vor, mindestens 1x 300 Gramm sowie 5x 600 Gramm starke Gewebe zu verwenden.

Helge von der Linden, dessen Firma M.u.H. von der Linden Werften berät, die derartige Einbauten durchführen, rät: „Wir empfehlen eine Flanschbreite von 20:1. Die 1 steht dabei für die Dicke des Laminats.“

Von der Linden ergänzt: „Das Anlaminat muss mindestens so dick sein wie das eigentliche Laminat, um die gleiche Festigkeit zu erreichen. Ist der Rumpf also innen zum Beispiel 4 Millimeter und außen 8 Millimeter dick, ohne das Kernmaterial, so muss der Flansch (4 + 8) x 20, also 240 Millimeter breit sein, das Anlaminat 12 Millimeter dick.“

Die Verknüpfung zwischen Rumpf und dem Gehäuse des Bugstrahlruders muss überaus robust sein. Eine gut ausgeführte Hohlkehle trägt zu einer besseren Haftung bei. Die Anpassung des Bugstrahlrudergehäuses an die Krümmung des Rumpfs kann entweder durch verdicktes Harz oder, je nach Herstellerangabe, durch das Zurechtschneiden des Gehäuses selbst vorgenommen werden. Doch vorrangig ist die solide Verbindung von Gehäuse und Rumpf, die sehr sorgfältig und überaus robust hergestellt werden muss.

Im Zuge des Unglücks initiierte Jeanneau eine Rückrufaktion. Der After-Sales-Service der Werft schlägt eine recht einfache Lösung vor: Es sollen Löcher in den Flansch gebohrt werden, worin anschließend Strukturkleber injiziert wird. „Das ist aus Sicht zweier Sachverständiger nicht ausreichend“, äußert Jochen-P. Kunze.

Kunze, ein auf Sportbootrecht spezialisierter Rechtsanwalt, vertritt den Besitzer der gesunkenen Jeanneau. „Auch wenn der Kleber an sich stark genug ist, so bleibt unklar, in welchem Zustand sich die Flansche befanden, bevor das Gerät verbaut wurde. Waren diese angeschliffen und entfettet? Wenn nicht, hält da natürlich der beste Kleber der Welt nicht drauf“, sagt Kunze. Kunden, denen von Jeanneau diese Art der Lösung vorgeschlagen wird, sollten sie zurückweisen und auf eine fachgerechte Reparatur bestehen, rät der Anwalt, auch wenn diese sehr aufwändig sein könnte.

Auf diese Aspekte sollten Bootsbesitzer bei ihrem Bugstrahlruder achten

Wenn auf der eigenen Yacht ein ausfahrbares Strahlruder montiert ist, sollte die Verbindung zwischen Gehäuse und Rumpf gründlich überprüft werden. Ist genügend Anlaminat vorhanden? Wurden eventuell Topcoats vom Rumpf abgetragen, sind daher Schleifspuren sichtbar? Treten Risse auf? Kommt es möglicherweise zu einer Ablösung des Laminats oder des Klebers an den Rändern des Rumpfs? Bei solchen Anzeichen sollte man umsichtig sein. Bei Unsicherheit wäre es ratsam, einen Sachverständigen hinzuzuziehen.

Mit den Befunden des Gutachters kann bei Bedarf das Unternehmen konfrontiert werden, das das Bugstrahlruder eingebaut hat. Falls der Einbau jedoch schon eine Weile her ist, könnte der Gewährleistungsanspruch erloschen sein, was zu potentiellen zusätzlichen Kosten führen kann.

Für die Geschickten unter den Bootsbesitzern besteht die Möglichkeit, selbst ein Anlaminat anzubringen. Dabei sollte das Boot an Land sein. Der Experte von der Linden rät, nach einer gründlichen Schleif- und Entfettungsprozedur mit dem breitesten Laminatstreifen zu beginnen, um eine maximale Klebefläche in der ersten Schicht zu erhalten, und anschließend schrittweise schmalere Streifen zu verwenden, bis die erforderliche Dicke erreicht ist. Während man mit Schleifgerät, Harz und Glasgeweben hantiert, könnte es überlegenswert sein, den Bereich, in dem das Bugstrahlruder installiert ist, bis über die Wasserlinie als wasserdichtes Abteil auszugestalten. Dadurch würde im Falle eines Wassereinbruchs lediglich dieser Bereich geflutet, was das Schiff vor dem Sinken bewahren könnte.

Fazit

Die beiden tragischen Unglücke vor Laboe und Cadzand unterstreichen die Bedeutung eines korrekten Bugstrahlrudereinbaus. Es ist von größter Wichtigkeit, dass alle Komponenten eines Bootes, einschließlich des Bugstrahlruders, sorgfältig und fachgerecht installiert werden. Nur so kann die Sicherheit auf See gewährleistet werden. Bootseigner sollten die Verbindung zwischen Gehäuse und Rumpf ihres Bugstrahlruders überprüfen und bei Zweifeln einen Gutachter hinzuziehen. Die Konsequenzen einer fehlerhaften Installation können verheerend sein, und es ist besser, präventive Maßnahmen zu ergreifen, um Unfälle zu verhindern.