Der Mann, der sich in den Wahnsinn segelte

Der Mann, der sich in den Wahnsinn segelte

Die letzten Augenzeugen, die Donald Crowhurst in lebendigem Zustand erblicken, sind Matrosen des norwegischen Frachtschiffs "Cuyahoga". Am Nachmittag des 25. Juli 1969 beobachten sie in der Sargassosee den Trimaran "Teignmouth Electron". Alles wirkt friedlich: Das Wetter ist mild, ein Beiboot ist an Bord, Wäsche weht im Wind, und Crowhurst, in kurzen Hosen und mit Bart, grüßt freudig, bis das Schiff außer Sichtweite verschwindet.

Doch innerlich kämpft Crowhurst bereits mit seinem Verstand.

Etwa eine Woche später kreuzt sich der Weg des "Teignmouth Electron" mit dem des britischen Postschiffs "Picardy". Da keine Reaktion auf das Signalhorn des Postschiffs kommt, nähert sich die "Picardy". Der Erste Offizier findet eine chaotische Kajüte mit dreckigem Geschirr, zerstörten Funkgeräten, Tonbändern und Tagebüchern. Nur die Schiffsuhr und Crowhurst fehlen. Als die "Picardy" das Boot an Bord nimmt, decken die Logbücher eine der rätselhaftesten Geschichten der Seefahrtsgeschichte auf.

Durcheinander in der Kajüte: Es erinnert an das Innere einer Werkstatt für Elektronik. Mit den verfügbaren Bordmitteln schien Crowhurst fortwährend versucht zu haben, seine defekten Systeme zu reparieren – oft mit Erfolg. (Foto: ullstein bild)

Alles hatte acht Monate zuvor angefangen. Am 31. Oktober 1968 wird in Teignmouth, Südengland, das "Golden Globe Race" mit großem Medieninteresse gestartet. Es locken Ruhm und Reichtum für den schnellsten Nonstop-Solo-Erdumsegler.

Im Rennen sind erfahrene Segler, doch Donald Crowhurst ist ein Unbekannter. Ein Geschäftsmann, der dringend einen Erfolg braucht. Doch seine Jacht, "Teignmouth Electron", ist zur Abfahrt kaum seetauglich. Trotzdem wagt er den Start, wohlwissend, dass ein vorzeitiger Abbruch ihn in den finanziellen Ruin stürzen würde.

Donald Crowhurst und sein Trimaran "Teignmouth Electron" (Foto: ullstein bild)

Bereits nach zwei Wochen zeigt das Meer kein Erbarmen. Doch das größte Problem für Crowhurst sind nicht die Schäden am Boot, sondern seine inneren Dämonen und der Druck, das Rennen nicht zu verlieren. In seiner Verzweiflung fälscht er seine Reise und meldet phänomenale Erfolge.

Die Medien, angeführt von seinem PR-Berater Rodney Hallworth, feiern den vermeintlichen Rekordbrecher. Doch in Wirklichkeit täuscht Crowhurst seine Weltumsegelung nur vor und plant, sich später wieder ins Rennen einzufädeln.

Während er heimlich im Atlantik kreuzt, schaltet er seinen Funksender ab und führt zwei Logbücher: eines mit der Wahrheit und eines mit der Lüge. Die Komplexität seiner Täuschung und die Einsamkeit treiben ihn immer weiter in den Wahnsinn.

Seine Kontrahenten haben derweil mit echten Herausforderungen zu kämpfen. Während Crowhurst sich in Argentinien aufhält, gelingt es anderen Seglern, Kap Hoorn zu umrunden. Aber Crowhurst, gezeichnet von der Isolation und seiner Täuschung, driftet ab.

Sein letzter Plan, als Zweiter ins Ziel zu gelangen und so eine genaue Überprüfung zu vermeiden, wird jedoch zunichtegemacht, als sein Hauptkonkurrent Tatley in einen Sturm gerät und fast ums Leben kommt. Plötzlich ist Crowhurst der Favorit.

In seinen letzten Aufnahmen spricht er über die Notwendigkeit, das "Gift" in uns loszuwerden und seine tiefe Scham. Sein Schicksal bleibt bis heute ein Geheimnis.